Gesundheitswesen

Studie: Drei Viertel scheitern an Flut von Gesundheitsinfos

02. April 2025 , 12:40 Uhr

Ein Großteil der Menschen in Deutschland findet sich in der Vielzahl gesundheitsrelevanter Informationen nicht mehr zurecht. Das hat Folgen für den einzelnen - und kostet das System viele Milliarden.

Die Gesundheitskompetenz der deutschen Bevölkerung hat sich einer Studie zufolge auf ohnehin niedrigem Niveau weiter verschlechtert. Nur noch ein Viertel der Erwachsenen findet sich demnach gut im Dickicht gesundheitsrelevanter Informationen zurecht. Rund 75 Prozent hingegen haben erhebliche Schwierigkeiten, Informationen etwa zur Prävention oder zur Behandlung von Krankheiten zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und auf die eigene Lebenssituation anzuwenden, heißt es in der repräsentativen Studie der Technischen Universität München (TUM) in Zusammenarbeit mit der «Apotheken Umschau». 

Die Folge seien nach den jüngsten vorliegenden Daten allein im Jahr 2022 Mehrkosten von bis zu 24 Milliarden Euro gewesen, erläuterte Co-Autor Kai Kolpatzik vom Wort & Bild Verlag in München. Denn Menschen mit einer geringen Gesundheitskompetenz seien häufiger und länger krank, nähmen häufiger Notfalldienste in Anspruch, würden öfter im Krankenhaus behandelt und folgten Behandlungsempfehlungen seltener.

WHO: Drei bis fünf Prozent an Mehrausgaben

Bei den Betroffenen hapere es nicht nur bei Entscheidungen bezüglich der eigenen Gesundheit oder der von engen Familienangehörigen wie den eigenen Kindern. Sondern auch bei der Orientierung im Gesundheitssystem generell und bei der Inanspruchnahme von Leistungen, schilderte Kolpatzik. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation zufolge beliefen sich die Folgekosten mangelnder Gesundheitskompetenz auf drei bis fünf Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen. 

Kolpatzik zog daher das Fazit: «In einer Zeit, in der automatisierte Chatbots mit gezielten Fehlinformationen arbeiten und Fake-News salonfähig geworden sind, dürfen wir nicht abwarten und hoffen, dass die Menschen sich schon irgendwie im Informationsdschungel zurechtfinden und gute Entscheidungen treffen.»

Massiver Rückgang der Kompetenz binnen eines Jahrzehnts

Die Gesundheitskompetenz in Deutschland ist den Daten zufolge binnen eines Jahrzehnts enorm gesunken: 2014 lag der Anteil der Menschen, die sich im Informationsdschungel nicht zurechtfinden, noch bei gut 54 Prozent. 2020 war er auf 64 Prozent gestiegen. Inzwischen sind es 75,8 Prozent, wie die vergangenen Sommer durchgeführte Online-Befragung ergab. 

Die Schwierigkeiten bestünden dabei in allen Gesellschaftsgruppen, unabhängig von Migrationshintergrund, Bildung, Beschäftigungsstatus oder Haushaltseinkommen, erläuterte TUM-Expertin Alexandra Fretian. «Es hat eine Verschiebung stattgefunden, dass etwa auch Menschen mit hoher Bildung Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen erleben.» Allerdings zeige sich, dass Menschen über 60 Jahre und Menschen aus Ostdeutschland im Schnitt bessere Werte hätten. 

Zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz formulierten die Studienautoren zehn Forderungen an die Politik, die von Gesundheitsbildung und Stärkung der Medienkompetenz von Kindern über den Aufbau eines Lotsensystems und barrierearme Kommunikation für eine bessere Orientierung im Gesundheitswesen bis hin zur Verankerung von Maßnahmen zur Gesundheitskompetenz in allen Politikbereichen reichen.

Quelle: dpa

 

Bayern Gesellschaft Gesundheit Krankenversicherung

Das könnte Dich auch interessieren

25.03.2025 Kein einziger Cannabisclub in Bayern genehmigt Seit einem Jahr gilt eine Teil-Legalisierung von Cannabis, seit zehn Monaten dürfen Vereinigungen unter strengen Regeln anbauen - zumindest laut Gesetz. In Bayern: Fehlanzeige. 18.03.2025 Was ist heute noch vom Corona-Lockdown in Bayern zu spüren? Der 21. März 2020 war ein denkwürdiger Tag. In Bayern traten weitreichende Beschränkungen in Kraft, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Manche Maßnahmen haben auch langfristig etwas verändert. 12.04.2025 Expertin sieht Hürden bei Abtreibungen in Bayern Für einen Schwangerschaftsabbruch müssen Frauen teilweise weit fahren. Im Ländervergleich belegt Bayern laut einer Studie den letzten Platz. Eine Wissenschaftlerin nennt die Gründe. 11.04.2025 Kein Geld mehr? Antidiskriminierungsstellen schlagen Alarm Seit 2023 bekommen Beratungsstellen gegen Diskriminierung in Bayern Geld vom Bund - doch das ist Anfang Januar 2026 wohl vorbei. Und dann?